Zugehörigkeit fern der Heimat - Magdalena, Polina, Natalia und Sydney

 

An diesem besonderen Morgen im neu eröffneten Tapestry Center in Darmstadt war scheinbar nicht viel los, außer einem dreisprachigen Gespräch zwischen 4 Frauen: Magdalena, Polina, Natalia und Sydney. Das Gespräch ging gerade los, als Natalias Ehemann anrief und sie uns fragte, ob sie das noch schnell annehmen könne. Natürlich bejahten wir die Frage lächelnd. Ihr Mann ist nach fast einem Jahr Trennung immer noch in der Ukraine und sie erklärte, dass sie sich morgens immer unterhalten. Natalia ist eine der Mütter, die die Kirche in Aktion Darmstadt durch die ukrainische Hotelarbeit kennengelernt hat, die im letzten Frühjahr begann.

„Mein Vater war Lehrer, und ich denke, zu sehen, wie sehr er seinen Job liebte, ermutigte mich unbewusst, auch in den Bereich einzusteigen. Ich war daran interessiert, meine Liebe zur Musik mit Kindern zu teilen. Es gibt mir zutiefst ein Gefühl der Dankbarkeit und Erfüllung, wenn man einem jungen Menschen irgendeine Art von Wissen weitergeben kann.“ – Natalia. Wie viele andere Menschen, die vom Krieg in der Ukraine betroffen sind, wurde ihr Leben plötzlich auf Eis gelegt und sie konnte nicht einmal daran denken, wie sehr sie ihr altes Leben vermisste. „Man muss sich an so viel Neues gewöhnen. Man muss im Grunde sein Zuhause und seinen Platz finden. Ich muss sagen, dass es mich viel Mühe, Zeit und Energie gekostet hat. Ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, aber jetzt, wo alles so gut wie geregelt ist, vermisse ich langsam das Unterrichten. Ich schaue mir Fotos auf meinem Handy an und erinnere mich an die schöne Zeit.“

Eines Tages, nach einem Nachmittag im Hotel, trat Natalia mit einer Idee für eine Weihnachtsveranstaltung für die Kinder an Magdalena heran. „Das erste Mal, dass ich Natalia wirklich getroffen habe, war, als wir Ferienspiele hatten, bevor das Tapestry Center geöffnet hatte. An dem Tag lief ihre Tochter glücklich und frei durch das Leadership Institut. Natalia kam zu mir und sagte, dass es schön ist zu sehen, dass ihre Tochter Platz hat, wieder ein Kind zu sein. Als sie uns wegen einer Weihnachtsfeier ansprach, wusste ich, dass es der perfekte Zeitpunkt war, etwas Neues auszuprobieren. Wir hatten gerade das Tapestry Center eröffnet. Wir hatten noch nicht einmal eine Launch-Party, aber wir kommen einfach zusammen, um mehr oder weniger einen Raum anzubieten. Normalerweise hätten wir in der Ukraine viel Weihnachtsprogramm für die Feiern geplant. In meinem alten Job habe ich immer im Hintergrund dabei geholfen, aber nie im Vordergrund gestanden. Hier aber bringe ich Kindern und ihren Müttern sogar Tanzbewegungen bei, in der Hoffnung, ein wenig Normalität zurück in unser Leben zu bringen.“ Polina ist eine Fotografin, die nicht nur als Übersetzerin für dieses Gespräch da war, sondern auch regelmäßig ehrenamtlich mithilft. „Ich habe gebetet und wollte unbedingt herausfinden und sehen, wie Gott mich hier in Deutschland gebrauchen will. Wenn du dir die kleinen Kinder ansiehst, wie sie zu dir rennen und sagen: „Wir sind so glücklich, dass du hier bist“, das ist erfüllend. Als Fotografin war es cool, weil ich hier bei der Weihnachtsfeier dabei sein durfte, um ein bisschen zu übersetzen, aber dann auch diese Momente auf meiner Kamera festhalten zu können.“

Dass Natalia geflüchtet ist, ist nicht ihre Identität. Sie ist Natalia, sie ist talentiert, voller Liebe und kann das mit anderen teilen. „Das ist Teil meines Traums vom Tapestry Projekt – ein Projekt mit und für Menschen zu sein, die fliehen mussten. Ihre Perspektive zu hören, macht mich so emotional: Es ist so schwer, wenn du dein Land verlässt und sogar deinen Mann dort zurücklassen musst und nicht weißt, was passiert. Gleichzeitig ist sie hier und bereit, neue Schritte zu gehen und Dinge zu tun, die sie zuvor noch nicht getan hat. Keiner von uns hätte das Programm so machen können, wie sie es umsetzte. Die Kinder konnten etwas aus ihrer eigenen Kultur wiedererkennen. Wir hoffen, dass sie dadurch ein kleines bisschen mehr das Zuhause-Gefühl erleben durften.”