AUSHARREN IN ZEITEN VON TERROR - ROBERT STÖSSER, WIESBADEN

 

Schon viele Jahre gibt es immer wieder Schlagzeilen aus Afghanistan, einem Land, das von Krieg und Unruhen geplagt scheint. Zuletzt erreichte uns - wie ihr das sicherlich alle wisst - die Schreckensbotschaft, dass die Taliban die Macht im Land übernommen hat. Was einst für mich News ohne direkten Bezug waren, hat mittlerweile eine ganz neue Tiefe gewonnen. Denn viele meiner Bekannten, meiner Freundinnen und Freunde, einige unserer Besucher:innen der Gottesdienste, haben ihre Wurzeln in Afghanistan. Insbesondere einer unserer Freunde aus einer Unterkunft für geflüchtete Menschen hat uns die Augen für die akuten Probleme vor Ort geöffnet. Er zeigte uns Fotos von seiner Familie aus Herat. Seine Betrof- fenheit und Trauer machen mich sprachlos. Auf- grund der Flucht vor den Taliban hatten die Fami- lienangehörigen von A. über Nacht alles verloren, was sie einst besaßen. Wie viele andere mussten sie ihr Haus verlassen. Manche schaffen es, in den Iran zu flüchten.

Nun sind seine Mutter, seine große Schwester, zwei Brüder und deren Kinder immer noch in Afghanistan und leben jeden Tag in Angst. A. ist ganz alleine hier in Deutschland. Erschwerend kommt hinzu, dass einer seiner Brüder während eines Angriffs einen Schock und Herzinfarkt erlitten hat, für den es vor Ort keine angemessene medizinische Versorgung gibt. Eine Krankenversicherung schon gar nicht. Nun kann er aufgrund seiner gesundheitlichen Situation nicht mehr arbeiten. Aber nicht nur ihm geht es so. Auch viele der anderen Familienmitglieder haben ihre Jobs verloren. Die meist waren bei “ausländischen” Organisationen, z.B. bei US-geführten Projekten angestellt. Aufgrund ihrer vorherigen Tätigkeiten können sie sich nur schwer bei neuen Stellen bewerben. Besonders viel Angst hat A. um seine Nichten und Neffen. Die fünf Mädchen dürfen nicht in die Schule gehen. Sie könnten zwangsverheiratet und die Jungs für den Militärdienst verpflichtet werden. Deshalb schickt A. ihnen alles an Geld, was er hat. Er telefoniert oft mit seinen Verwandten und hört sich ihr Wehklagen an. Sie haben sich schon bei vielen Behörden in Kanada, Amerika und Deutschland mit der Bitte um Hilfe bei der Ausreise gemeldet, aber bisher kamen keine Antworten. Besonders mutlos macht ihn, dass er kaum etwas tun kann. Er ist machtlos und ihm sind die Hände gebunden. Mehr als Geld schicken und weiterhin zuhören und Mut zusprechen kann er nicht. Und deswegen betet er. Er betet jeden Tag für seine Familie und die Situation in Afghanistan. Oft treffe ich mich mit A. um mit ihm zu sprechen und zu beten. Es ist die Hoffnung, die uns das Gebet immer wieder schenkt, die uns jeden morgen aufstehen lässt. Die uns auf einen Ausweg und Besserung ausharren lässt.

Nun helfen wir A.s Familie zwar unbürokratisch mit Geldspenden, damit sie sich immerhin Lebensmittel leisten können. Aber dies allein kann weder die notwendige Operation seines Bruders ermöglichen noch nachhaltig Not lindern. Daher ist unser großes Gebetsanliegen diesen Monat, dass in Afghanistan Frieden einkehrt und Wahrung von Menschenrechten, Barmherzigkeit und Gnade in allen Regionen einzieht.

Bis dahin laden wir dich ein, zu beten und für die Familie von A. und anderen Menschen in dieser Situation, zu spenden. Am einfachsten auf das KiA Spendenkonto mit dem Verwendungszweck “Flüchtlingsarbeit” (www.kircheinaktion.de/support-afghanistan)

 
GeschichteRobert Stoesser